Flüchtlinge wirksam schützen: Abschiebungen nach Afghanistan verhindern!

Rede auf der Abschlußkundgebung der Demonstration »Keine Abschiebung nach Afghanistan« am 22.10.2016, Hamburg, Rathausmarkt.

Liebe Hamburgerinnen und Hamburger, wo immer wir auch herkommen, wo immer wir auch geboren sind:

Hamburg scheint das Unvorstellbare zu planen und zu verwirklichen. Nachdem gestern bekannt wurde, dass die Abschiebeknäste auf dem Flughafen in Betrieb genommen werden können, bereitet Hamburg die Abschiebung afghanischer Geflüchteter vor – nachdem ein Rückführungs-Abkommen zwischen der EU und Afghanistan abgeschlossen wurde. Das ergibt sich aus der Beantwortung einer Anfrage an den Senat von der Fraktion meiner Partei, DIE LINKE in der Bürgerschaft.

Und da sage ich im Namen meiner Partei DIE LINKE.Hamburg: Herr Innensenator Grote, stellen Sie diese Vorbereitungen ein. Herr Bürgermeister Scholz, sorgen Sie daür, dass die Vorbereitungen eingestellt werden! Brechen sie die Vorbereitungen ab- und kümmern sich darum, das auch die Menschen aus Afghanistan hier ankommen, teilhaben und bleiben können. Und versetzten Sie sich jetzt, hier auf dem Rathausmarkt in Hamburg, einmal gemeinsam mit uns in die Stuation der Geflüchteten.

Stellen wir uns alle zusammen einmal vor: Es ist 4 Uhr morgens. Schwarz und kalt. Unsere Stadt im Oktober halt. Es klingelt. Wir werden – mehr oder weniger freundlich – von der Polizei aufgefordert, mitzukommen. Mitzukommen zum Flughafen. Erst gehts in den neuen Abschiebeknast. Dann geht es in ein Flugzeug, das uns nach Kabul bringen wird. Wir wollen das nicht. Denn wir kommen da her. Wir sind geflohen. Dort herrschen Krieg und Terror. Dort herrschen religiöse Extremisten, die Taliban. Wir wollen in Sicherheit leben, mit der Familie unbedrängt leben, einen Beruf ausüben und unseren Kindern eine lebenswerte Zukunft ermöglichen. Dafür haben wir uns jede erdenkliche Mühsal aufgeladen. Wir sind geflohen. Ja, wir haben unsere Heimat verlassen. Wir schlafen in Erstunterkünften, mit mehreren uns fremden Menschen in einem kleinen Zimmer oder gar in einem ehemaligen Baumarkt, es geht nicht anders – obwohl wir zuhause, viele tausend Kilometer weit weg von hier eine Wohnung oder ein Haus besaßen. Wir lernen eine fremde Schrift, eine fremde Sprache, eine fremde Kultur. Wir fangen an, uns wohlzufühlen. So gut es geht. Und dann werden wir abgeholt. Abgeschoben. In unseren möglichen Tod geflogen.

Liebe Hamburgerinnen und Hamburger,

diese grauenvolle Vorstellung ist für viele Afghaninnen und Afghanen, die hier bei uns in Hamburg Schutz gesucht und gefunden haben, Wirklichkeit. Dagegen demonstrieren wir heute in ganz Europa. Und um es für DIE LINKE in Hamburg ganz deutlich zu sagen: Auch die Geflüchteten aus Afghanistan genießen kein Gastrecht, sie nehmen das Recht auf Asyl in Anspruch! Und das ist ein Menschenrecht, im Grundgesetz verankert. Sie fliehen aus einem Land, in dem Willkür und Warlords herrschen und in denen ihr Leben gefähret ist. Dorthin sollen sie nach dem Willen von Bürgermeistern Scholz, Innensenator Grote, der CDU und der AfD wieder zurück. Die Begründung ist ist heuchlerisch. Es soll Gebiete dort geben, die sicher seien, ließ Hardliner und Innenminister de Maiziere verlauten. Darum trägt er bei seinen Besuchen dort auch immer eine kugelsichere Weste. Vertrauen wir doch den Menschen, die von dort kommen, vertrauen wir unseren Freundinnen und Freunden aus Afghanistan, die Angehörige und Freunde bei blutigen Anschlägen verloren haben: Afghanistan ist alles – außer sicher.

PRO ASYL zählte im ersten Halbjahr 2016 1600 Tote und 3500 verletzte Zivilistinnen in Afghanistan. So sieht also das sichere Herkunftsland aus. Eine Rückführung dorthin müssen wir gemeinsam verhindern. Im Namen der Menschenrechte. Und jetzt wird es ganz dreckig: Die Grundlage für diese Aktion haben sich EU und Bundesregierung und in diesem Oktober erkauft. Gegen 430 Millionen Euro jährlich, die angeblich für den Wiederaufbau bereit gestellt werden sollen und in Wahrheit der Korruption anheim fallen werden und den Taliban helfen werden, hat sich Afghanistan verpflichtet, die Menschen zurück zu nehmen. Dafür wird ein extra Terminal auf dem Flughafen in Kabul gebaut. Wir kennen das. Diese Politik, die sich von den Geflüchteten freikauft. Der Türkei werden 3 Milliarden gezahlt, damit sie Flüchtlinge aufnimmt. Afrikanische Staaten erhalten Milliardenbeträge, damit die Menschen, die vor Krieg, Hunger und Not fliehen, keinen Fuß auf deutschen Boden setzen können. Wir, DIE LINKE sagt: Dieses Land ist reich genug, um den zu uns Geflüchteten ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. Die Menschen kommen zu uns, weil sie vor Kriegen fliehen, deren Waffen über den Hamburger Hafen exportiert worden sind. Frau Merkel und Herr Gabriel haben diese Exporte genehmigt – mehr als je zuvor in der Geschichte – und Olaf Scholz ist ihr Spediteur, weil er nichts gegen diese Exporte aus unserem Hafen tut. Jede exportierte Waffe kehrt als Geflüchteter zurück. Und: Mit dem bedrohlichem Aufschwung der rechtspoulistischen Hetzer von der AfD und der Erfolge von PEGIDA und Co gehen die Regierenden immer stärker auf diese Forderungen ein und machen die menschenverachtende Politik der Rechtspopulisten weiter salonfähig. Und auch darum fordere ich im Namen meiner Partei heute vor dem Hamburger Rathaus: Herr Scholz, Herr Grote: Setzen Sie ein Zeichen gegen die Menschenverachtung! Keine Abschiebungen aus Hamburg nach Afghanistan! Keine Abschiebung in ein Land, in denen Krieg und Terror herrschen.

Vielen Dank.